Pfarrer Heinrich Magnani (1899-1979)
Dass die Integration der Heimatvertriebenen nach dem 2. Weltkrieg oftmals glückte, war im Norden des Erzbistums Freiburg auch dem damaligen Pfarrer von Hettingen, Heinrich Magnani, zu verdanken.
Auf die Menschen im nördlichen Teil des Erzbistums kamen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs besondere Herausforderungen zu: Sie mussten nicht nur ihr eigenes Leben neu organisieren, sondern auch 200.000 Deutsche aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn aufnehmen. In Landkreisen wie Mosbach, Sinsheim und Buchen betrug der Anteil der Heimatvertriebenen im Herbst 1946 mehr als ein Viertel der Bevölkerung. 1935 war der 1899 in Ettlingen geborene Magnani von seiner Kaplanstelle in Mannheim nach Hettingen versetzt worden, wohl um ihn dem Blickfeld der Gestapo zu entziehen. Er hatte sich gegen NS-Propaganda gewehrt, so dass ihm der Lehrauftrag für die Gewerbeschule entzogen wurde. Als Pfarrer in Hettingen und Vorsitzender des Kreis-Caritasverbandes gründete er Ende 1945 die „Siedlernotgemeinschaft Hettingen“, aus der ein Jahr später die Baugenossenschaft „Neue Heimat“ für den Landkreis Buchen hervorging.
Da „eigener Herd Goldes wert ist“, setzte Magnani alles daran, das konfliktträchtige Kochen mehrerer Familien in einer Küche schnell zu beenden. Alle Spenden seiner Pfarrei sollten dafür ausgegeben werden: „Es wird keine der eingeschmolzenen Glocken ersetzt, ehe nicht alle einen eigenen Herd haben.“ Er besorgt Baugrund und überredet die Hettinger Bevölkerung und die katholische Kirche, sich am Projekt zu beteiligen. Da die Vertriebenen wenig Kapital in das Projekt einbringen konnten, mussten sie 1.500 Stunden auf der Baustelle mitarbeiten, um das Anrecht auf ein Haus zu erwerben. Zunächst wurden die Häuser vermietet, im Laufe der Jahre konnten die Bewohner sie mit günstigen Darlehen kaufen. Als Architekten konnte Magnani Egon Eiermann gewinnen. Eiermann hatte das ausgebombte Berlin verlassen und in Buchen Zuflucht gefunden, der Heimatstadt seines Vaters.
Er plante praktisch und materialsparend. Verbaut wurde, was nach dem Krieg zu bekommen war: Die Innenwände bestehen aus Lehmziegeln, die Treppengeländer aus Schiffstauen. Eingebaute Nischen können als Wandschränke genutzt werden. Die ersten 14 Häuser der Siedlung wurden am 17. Oktober 1948 feierlich eingeweiht. Magnanis Projekt machte Schule: Nach dem Vorbild der Siedlungsgemeinschaft in Hettingen wurden noch 25 weitere Genossenschaften in der Erzdiözese Freiburg gegründet. Heinrich Magnani versuchte außerdem, eine Lebensperspektive zu bieten: Er richtete Kurse für Arbeitslose ein, half mit, Schreinerei, Schlosserei und Schneiderei zu bauen und kümmerte sich um die vielen Waisenkinder. So entstand das Kinder- und Jugenddorf Klinge bei Seckach.